/Der Tragödie zweiter Teil FAust Das verfluchte Hier! Das eben, leidig lastet's mir. Dir Vielgewandtem muß ich's sagen, Mir gibt's im Herzen Stich um Stich, Mir ist's unmöglich zu ertragen! Und wie ich's sage, schäm' ich mich. Die Alten droben sollten weichen, Die Linden wünscht' ich mir zum Sitz, Die wenig Bäume, nicht mein eigen, Verderben mir den Weltbesitz. Dort wollt' ich, weit umherzuschauen, Von Ast zu Ast Gerüste bauen, Dem Blick eröffnen weite Bahn, Zu sehn, was alles ich getan, Zu überschaun mit einem Blick Des Menschengeistes Meisterstück, Betätigend mit klugem Sinn Der Völker breiten Wohngewinn. So sind am härtsten wir gequält, Im Reichtum fühlend, was uns fehlt. Des Glöckchens Klang, der Linden Duft Umfängt mich wie in Kirch' und Gruft. Des allgewaltigen Willens Kür Bricht sich an diesem Sande hier. Wie schaff' ich mir es vom Gemüte! Das Glöcklein läutet, und ich wüte. MEPhistopheles Natürlich! daß ein Hauptverdruß Das Leben dir vergällen muß. Wer leugnet's! Jedem edlen Ohr Kommt das Geklingel widrig vor. Und das verfluchte Bim-Baum-Bimmel, Umnebelnd heitern Abendhimmel, Mischt sich in jegliches Begebnis, Vom ersten Bad bis zum Begräbnis, Als wäre zwischen Bim und Baum Das Leben ein verschollner Traum. FAust Das Widerstehn, der Eigensinn Verkümmern herrlichsten Gewinn, Daß man, zu tiefer, grimmiger Pein, Ermüden muß, gerecht zu sein. MEphistopheles Was willst du dich denn hier genieren? Mußt du nicht längst kolonisieren? FAust So geht und schafft sie mir zur Seite! - Das schöne Gütchen kennst du ja, Das ich den Alten ausersah. MEphistopheles Man trägt sie fort und setzt sie nieder, Eh' man sich umsieht, stehn sie wieder; Nach überstandener Gewalt Versöhnt ein schöner Aufenthalt. MEphistopheles Kommt, wie der Herr gebieten läßt! Und morgen gibt's ein Flottenfest. DIe drei Der alte Herr empfing uns schlecht, Ein flottes Fest ist uns zu Recht. MEphistopheles Auch hier geschieht, was längst geschah, Denn Naboths Weinberg war schon da. / ((regum i,21)) /TIefe Nacht LYnkeus der türmer Zum Sehen geboren, Zum Schauen bestellt, Dem Turme geschworen, Gefällt mir die Welt. Ich blick' in die Ferne, Ich seh' in der Näh' Den Mond und die Sterne, Den Wald und das Reh. So seh' ich in allen Die ewige Zier, Und wie mir's gefallen, Gefall' ich auch mir. Ihr glücklichen Augen, Was je ihr gesehn, Es sei wie es wolle, Es war doch so schön! Nicht allein mich zu ergetzen, Bin ich hier so hoch gestellt; Welch ein greuliches Entsetzen Droht mir aus der finstern Welt! Funkenblicke seh' ich sprühen Durch der Linden Doppelnacht, Immer stärker wühlt ein Glühen, Von der Zugluft angefacht. Ach! die innre Hütte lodert, Die bemoost und feucht gestanden; Schnelle Hülfe wird gefordert, Keine Rettung ist vorhanden. Ach! die guten alten Leute, Sonst so sorglich um das Feuer, Werden sie dem Qualm zur Beute! Welch ein schrecklich Abenteuer! Flamme flammet, rot in Gluten Steht das schwarze Moosgestelle; Retteten sich nur die Guten Aus der wildentbrannten Hölle! Züngelnd lichte Blitze steigen Zwischen Blättern, zwischen Zweigen; äste dürr, die flackernd brennen, Glühen schnell und stürzen ein. Sollt ihr Augen dies erkennen! Muß ich so weitsichtig sein! Das Kapellchen bricht zusammen Von der äste Sturz und Last. Schlängelnd sind, mit spitzen Flammen, Schon die Gipfel angefaßt. Bis zur Wurzel glühn die hohlen Stämme, purpurrot im Glühn. - Was sich sonst dem Blick empfohlen, Mit Jahrhunderten ist hin. FAust Von oben welch ein singend Wimmern? Das Wort ist hier, der Ton zu spat. Mein Türmer jammert; mich, im Innern, Verdrießt die ungeduld'ge Tat. Doch sei der Lindenwuchs vernichtet Zu halbverkohlter Stämme Graun, Ein Luginsland ist bald errichtet, Um ins Unendliche zu schaun. Da seh' ich auch die neue Wohnung, Die jenes alte Paar umschließt, Das, im Gefühl großmütiger Schonung, Der späten Tage froh genießt. MEPhistopheles und die dreie Da kommen wir mit vollem Trab; Verzeiht! es ging nicht gütlich ab. Wir klopften an, wir pochten an, Und immer ward nicht aufgetan; Wir rüttelten, wir pochten fort, Da lag die morsche Türe dort; Wir riefen laut und drohten schwer, Allein wir fanden kein Gehör. Und wie's in solchem Fall geschicht, Sie hörten nicht, sie wollten nicht; Wir aber haben nicht gesäumt, Behende dir sie weggeräumt. Das Paar hat sich nicht viel gequält, Vor Schrecken fielen sie entseelt. Ein Fremder, der sich dort versteckt Und fechten wollte, ward gestreckt. In wilden Kampfes kurzer Zeit Von Kohlen, ringsumher gestreut, Entflammte Stroh. Nun lodert's frei, Als Scheiterhaufen dieser drei.